Italienischer Kolonialismus

Das koloniale Engagement Italiens umfasst die Zeit des späten Königreichs sowie des Faschismus und zielte in erster Linie auf Nord- und Ostafrika (ab 1882 Italienisch-Ostafrika und ab 1911 Italienisch-Libyen). Der von Mussolini ausgerufene und in blutigen Feldzügen vorangetriebene Plan für ein „Neues Römisches Imperium“ kulminierte 1936 in der Eroberung der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba. Im Pariser Friedensvertrag von 1947 verzichtete Italien auf alle Kolonien. Die wissenschaftliche Aufarbeitung der kolonialen Vergangenheit Italiens ist nach langem Zögern in den letzten Jahren in Gang gekommen.

Die leichte Verfügbarkeit primären Quellenmaterials auf dem antiquarischen Markt sowie das steigende Interesse der italienischen und internationalen Forschung führten zur Schaffung des neuen Sammelschwerpunkts der Bibliothek „Kolonialismus Italien“, gezielt ergänzt durch Material zur deutschen Kolonialgeschichte.

Das in den letzten Jahren erworbene Material dokumentiert die Verschränkung wirtschaftlicher, politischer, naturwissenschaftlicher, ethnographischer und nicht zuletzt touristischer Interessen der Kolonialmacht Italien. Der gezielte Einsatz der Fotografie sowie die zunehmend betont futuristische Ästhetik der Printerzeugnisse machen diese auch in mediengeschichtlicher Hinsicht zu interessanten Quellen. Im OPAC sind die Titel mit Suchbegriffen wie „Italien“ und „Kolonialismus“, „Italienisch-Ostafrika“, „Tripolitania“, „Italienisch-Somaliland“, „Schlacht bei Dogali“, „Schlacht von Adua“ etc. zu finden.

Hm 2070-5360 raro IV

Digitalisat


Im liberalen Italien des frühen 20. Jahrhunderts gab es eine heftige politische Debatte über die Zweckmäßigkeit einer kolonialen Expansion in Nordafrika. Die Provinzen Tripolitanien und Cyrenaica, die noch nicht unter dem Namen Libyen vereinigt waren und damals unter der Herrschaft des Osmanischen Reiches standen, waren von der Kolonisierung durch die europäischen Großmächte verschont geblieben und durch diplomatische Vereinbarungen auf dem Berliner Kongress 1878 Italien zugewiesen worden. Wissen über die natürlichen Ressourcen, insbesondere Mineralien, und den wirtschaftlichen Wert dieser Gebiete war kaum vorhanden. Ignazio Sanfilippo (1857–1943), Spross einer sizilianischen Adelsfamilie, die Schwefelminen besaß, wurde vom Außenministerium und der Banca di Roma mit der topografisch-wissenschaftlichen Erkundung betraut. Eine erste Reise führte ihn 1910 nach Tripolis, die zweite 1911 erfolgte während des Konfliktes zwischen Italien und der Türkei, wodurch fünf italienische Expeditionsmitglieder in Gefangenschaft gerieten. Mitte 1914 legte Sanfilippo einen ausführlichen „Vertraulichen Bericht“ in fünf Bänden vor, der unter anderem die Untersuchungen der von ihm gesammelten Mineralien, Fossilien und Echiniden enthält. Diese Sammlung wird heute im Paläontologischen Museum der Universität La Sapienza in Rom aufbewahrt.

Ignazio Sanfilippo, Nella Tripolitania, Rom 1913, 5 Bände (Fotoalbum)

Vol. 1. Missione governativa nel 1910, giugno-luglio-agosto. 1913

Ff 200-5132/1 raro VII

Vol. 2. Missione del Banco di Roma nel 1911 e 1912. 1913

Ff 200-5132/2 raro VII

Vol. 3. Missione del Banco di Roma nel 1911 e 1912. 1913

Ff 200-5132/3 raro VII

Vol. 4. Missione del Banco di Roma nel 1911 e 1912. 1913

Ff 200-5132/4 raro VII

Vol. 5. Missione del Banco di Roma nel 1911 e 1912. 1913

Ff 200-5132/5 raro VII


Pietro Badoglio (1871–1956), Markgraf von Sabotino und Herzog von Addis Abeba, war ein italienischer Heeresoffizier und von 1925 bis 1940 Generalstabschef des königlich-italienischen Heeres. Während derkolonialen Eroberungskriege des faschistischen Regimes in Afrika war Badoglio an führender Stelle für den Genozid in Libyen und den Giftgaskrieg in Abessinien verantwortlich. Nach dem Sturz Mussolinis 1943 wurde er der erste postfaschistische Ministerpräsident Italiens und nie für die Kriegsverbrechen in Afrika belangt. Der Publikation sind Karten beigegeben und sie enthält darüber hinaus 16 Tafeln, zum Teil ausklappbare Fotografien, welche unter anderem die Landschaft des Landes dokumentieren.

Zi 408-5360 raro V

Digitalisat

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