Roma communis patria
Die Fremdengemeinschaften in Rom zwischen Mittelalter und Neuzeit
Als Papstresidenz, Wallfahrtsort und Kunstmetropole war die Ewige Stadt über Jahrhunderte eine Anlaufstelle für Fremde unterschiedlichster Herkunft. Seit dem Mittelalter fanden sich Gruppen von Landsleuten aufgrund sprachlicher, ethnischer oder kultureller Kriterien zu Gemeinschaften zusammen, gründeten Bruderschaften und stifteten Hospize, Oratorien und Kirchen. Diese Vereinigungen traten als nationale Institutionen repräsentativ in Erscheinung, lange bevor sich die Nationalstaatsidee in Europa durchsetzte.
Abhängigkeiten, Loyalitäten und Konflikte innerhalb und zwischen den Gruppierungen können als Abbild in nuce des damaligen europäischen Mächtespiels gelten. Das Rom der frühen Neuzeit bietet sich daher für paradigmatische Untersuchungen zum vormodernen Nationenbegriff und den damit zusammenhängenden kollektiven Identitäten an. Neben territorialen und sprachlichen Kriterien förderten gemeinsame Erinnerungen, Traditionen, Rituale und Identifikationsfiguren das Zusammengehörigkeitsgefühl zwischen Landsleuten.
Inwiefern dabei auch Kunst eine Rolle spielte, ist eine zentrale Frage des Forschungsprojektes. Dabei finden alle Kunstgattungen Beachtung, neben der Architektur, Malerei und Skulptur auch Erzeugnisse der Graphik und der sogenannten Gebrauchskunst sowie das breite Spektrum der für Feste und Prozessionen geschaffenen ephemeren Werke. Es wird geklärt, über welche einigenden Elemente – Sprache, Religion, Wertvorstellungen, Bräuche – sich die Angehörigen einer gemeinsamen natio definierten und wie diese Elemente in der visuellen Kultur Niederschlag fanden, wie also durch den Einsatz wiedererkennbarer semantischer Formeln ein Zugehörigkeitsgefühl zu einem bestimmten kulturellen Kollektiv geschaffen werden konnte. Untersucht wird auch, inwiefern die Kunstpatronage der forestieri und stranieri, der in Rom ansässigen Fremden, sich durch die repräsentative Darstellung des 'Eigenen' in bewusster Absetzung vom 'Anderen' auszeichnete oder das Ergebnis einer Durchdringung und gegenseitigen Befruchtung von importierten und lokalen künstlerischen Phänomenen war.