Architekturtheorie und Rom-Topografie

Literatur zu Architekturtheorie und der Topografie Roms bildet seit Gründung der Bibliotheca Hertziana einen der Sammlungsschwerpunkte. Im Zentrum des Interesses standen zunächst die großen Traktat-Editionen des 15. und 16. Jahrhunderts wie Vitruv, Leon Battista Alberti, Sebastiano Serlio und Jacopo Barozzi da Vignola, die im Laufe der Jahrzehnte systematisch um Publikationen aus den folgenden Jahrhunderten ergänzt wurden. Daneben wurde ein bemerkenswerter Fundus an illustrierter Romliteratur aufgebaut, darunter Klassiker wie Étienne Duperac, Giuseppe Vasi, Giovanni Battista Piranesi und Giovanni Giacomo de Rossi. Zusammen bilden sie ein in dieser Vollständigkeit seltenes Panoptikum der Entwicklung der Stadt Rom und der Geschichte ihrer Wahrnehmung.

Dn 370-2500 raro IX

Digitalisat


Giovanni Giacomo de Rossi oder latinisiert Ioannes Iacobus de Rubeis (1627–1691) war 1648 bis 1691 als Drucker und Verleger von Kupferstichen in Rom bei Santa Maria della Pace tätig. Das Werk hier, das diverse Künstler involvierte, dokumentiert mit Ansichten, Schnitten und Grundrissen die Kirchenbauprojekte der Zeit, etwa von Francesco Borromini (1599–1667) und Jacopo Barozzi da Vignola (1507–1573). Einzige Ausnahme ist ein Stich von Nicolas Laigniel (ca. 1670–1705), der die Schattenheilung Petri von Giovanni Battista Manelli (1598–1680) wiedergibt, von dem eine Zeichnung existiert. Der Kupfertitel ist von Jacques (Jacobus) Blondeau (1655–1698) signiert. Die übrigen Tafeln wurden von Jean Colin (1651–1696) und Giovanni Francesco Venturini (1650–1710) gestochen, wobei Vorlagen von Francesco Bufalini (1670–1716) und Lorenzo Nuvolone (1619–1703) Verwendung fanden. In der Folge erschienen diverse weitere Ausgaben dieses Kompendiums.

Dg 532-2830 raro IX 

Digitalisat


Johann Jakob von Sandrart (1655–1698) war Zeichner, Radierer, Kupferstecher, Kunsthändler und Verleger in Nürnberg. Das ohne Datumsangabe gedruckte umfangreiche Stichwerk zu den römischen Kirchen orientiert sich an der zweiten Edition des gleichnamigen Werkes, das Giovanni Giacomo de Rossi zuerst 1683 und in einer veränderten Fassung 1684 publiziert hatte. 

Dg 532-200 raro IX

Digitalisat

 

 

 

 

 


Das Stichwerk, das unter dem fingierten Titel Le sette basiliche di Roma geführt wird, enthält auf dem ersten der sieben Stiche, das die Fassade von Sankt Peter in Rom zeigt, eine Kartusche mit der Inschrift: „Al Mol.to Ill.[ust]re., Sig.[no]re et P[ad]ron mio Osser[vandissi]mo Pietro Bassani umil.[iss]mo Serv[itore]. Gio. Batt. de Rossi in Roma in Piazza Navona“. Die De Rossi sind eine aus Mailand stammende Druckerdynastie, die sich im 17. Jahrhundert in Rom ansiedelte und dort in zwei Linien aufteilte, eine nach ihrem Standort bei Santa Maria della Pace „alla Pace“ genannt und eine andere, deren Werkstatt auf der Piazza Navona Giovanni Battista de Rossi von 1635 bis 1672 betrieb. Dieser erwarb zahlreiche Druckblatten zeitgenössischer Drucker und publizierte Werke berühmter Künstler wie Marc Antonio Raimondi (1475–1534). Das Werk mit den sieben römischen Pilgerkirchen wurde wohl um 1650 gedruckt, wobei ältere Darstellungen sichtlich als Modell dienten: bei Santa Maria Maggiore etwa die Ansicht von Giacomo Lauro (1550–1605) von 1618, und die Fassade von Sankt Peter ist ähnlich wie auf dem Stich von Matthaeus Greuter (1564–1638) von 1613 gezeigt. Der Adressat der Publikation, Pietro Bassani, scheint in dem gelehrten Milieu seiner Zeit verkehrt zu haben, belegt ist seine Freundschaft mit Cassiano del Pozzo (1588–1657) und Giuseppe Richa (1693–1761) erwähnt ihn als Retter einer Inschrift der römischen Kirche San Girolamo della Carità.

Dn 105-320 raro VII

Digitalisat


Das Werk, dass sich den Ingenieuren P. Fortuna, Giovanni Montiroli, L. Zeloni verdankt, repräsentiert einen neuartigen und für Rom erstmaligen Versuch einer anderen Art der Stadtdarstellung. Hatte Giambattista Nolli mit seinem Stadtplan von 1748 einen neuen Maßstab für die korrekte Wiedergabe des städtischen Raumes geschaffen, so war jedoch dabei die Dreidimensionalität und damit Wahrnehmbarkeit von Gebäudevolumen und architektonischen Elementen verloren gegangen, die ältere Stadtpläne mit ihrer Kombination aus Plan und Vogelschauperspektive vermittelten. Mit den Fassadenrissen wird nun die Wiedergabe ganzer Straßenzüge in möglich, die vor allem das barocke Erscheinungsbild der Stadt und weniger seinen mittelalterlichen und palimpsestartigen Charakter festschreibt. 2020 benutzten die Architekten Sebastian Felix Ernst & Christian Losert: Pareidolia. Vie, piazze e monumenti di Roma, das Werk aus Ausgangspunkt für ein „selbstlernendes“ neuronales Netzwerk. Dabei erzeugte eine Software nach einem Trainingsprozess Zeichnungen, deren Algorithmus sich aus den Fassadenrissen ableitete, und deren Ergebnis in die Sammlungen der Bibliotheca Hertziana eingegangen ist. 

Dg 540-4350 grgr

Digitalisat

Zur Redakteursansicht