Fremde in Neapel: Deutsche Reisende und die Kirche von Santa Maria dell’Anima

Susanne Kubersky-Piredda

In der frühen Neuzeit war Neapel, wie auch Rom, ein Knotenpunkt für Fremde aus ganz Europa. Gruppen von Reisenden, die eine gemeinsame Ursprungsregion teilten, schlossen sich zu Bruderschaften zusammen und gründeten Hospize und Kirchen. Ziel dieses Forschungsprojekts ist eine vergleichende Studie zwischen der deutschen Kirche Santa Maria dell’Anima in Rom, die Gläubigen aus dem gesamten Gebiet des Heiligen Römischen Reiches offenstand, und der gleichnamigen Kirche in Neapel.

Während die römische Bruderschaft von hochrangigen Beamten der Kurie dominiert war, setzte sich ihr 1586 gegründetes neapolitanisches Pendant hauptsächlich aus Handwerkern, Soldaten und Kaufleuten zusammen und stand sogar Vertretern protestantischer Netzwerke offen. Die kleine Kirche Santa Maria dell’Anima befand sich ursprünglich in unmittelbarer Nähe des Hafens von Neapel, wo Waren und Reisende aus aller Welt zusammenkamen. Als das Gotteshaus im Zuge der urbanistischen Erneuerung des historischen Zentrums im späten 19. Jahrhundert abgerissen wurde, zog die Bruderschaft in eine moderne Kirche im Stadtteil Chiaia um, wobei nur ein Teil der ursprünglichen künstlerischen Ausstattung an diesen Ort überführt wurde. Zu den wichtigsten heute noch erhaltenen Werken gehört eine Reihe von Altarbildern des österreichischen Malers Martin Knoller aus dem 18. Jahrhundert. Das Forschungsprojekt untersucht die Netzwerke und die internen Dynamiken der deutschen Gemeinschaft in Neapel und erforscht, wie ihr Mäzenatentum als Ausdruck kollektiver Identität fungierte.

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