ArsRoma – Kunsthistorische Forschungsdatenbank zur Malerei in Rom 1580–1630
Die Forschungsdatenbank ArsRoma, an der unter der Leitung von Prof. Dr. Sybille Ebert-Schifferer seit 2001 gearbeitet wird, konzentriert sich auf die Kunstproduktion in Rom von 1580–1630 und hier besonders auf die Historienmalerei. Die Datenbank dokumentiert damit eine Zeitspanne, in der sich – gerade in Rom – Malerei und Bildkünste in wegweisender Richtung entwickeln. Aus der Synthese von divergierenden Alternativkonzepten zum Manierismus geht unter dem Einfluss eines wiederauflebenden Klassizismus eine neue künstlerische Sprache hervor, die auf Jahrzehnte stilbildend für die höfische und religiöse Kunst in Europa werden sollte.
Das Forschungsinteresse des Datenbankprojektes gilt einer Epoche, in deren Folge sich die politische und kulturelle Landkarte Europas neugestaltete. Gelehrte wie Galileo Galilei begründeten eine neue, moderne Naturwissenschaft. Die frühbarocke Kunst römischer Prägung der Jahre um und nach 1600 wurde eine der Inspirationsquellen für die bildenden Künste in einem Europa, das im Wesentlichen absolutistisch geprägt war. Dem keineswegs einheitlichen Prozess der Entstehung dieser internationalen Kunstsprache ging eine Phase individueller künstlerischer Experimente voraus, die für kurze Zeit zu einer konkurrierenden Pluralität unterschiedlicher ästhetischer Ansätze führte. Aus dieser Vielfalt kristallisierten sich im ersten Drittel des Jahrhunderts aus Gründen, die es genauer zu erforschen gilt, wenige stilistische Optionen heraus, die möglicherweise verschiedenen Funktionen dienten. Es ist ein Ziel des Projektes, die Mechanismen von Stilbildungsprozessen dieser entscheidenden Umbruchphase der europäischen Malerei und Bildkünste sowohl ihren künstlerischen Auswahlprozessen als auch den dahinterliegenden bzw. parallellaufenden historisch-sozialen Netzwerkbildungen nach aufzeigen und erforschen zu können. Im Endeffekt soll die Datenbank helfen, herauszufinden, aus welchem Zusammenspiel von kunstimmanenten, kunstsoziologischen, kulturhistorischen und politischen Gründen sich eine Prädominanz bestimmter Stiloptionen zu Lasten anderer etablieren konnte.
Die Stadt Rom blieb für viele Maler, Bildhauer und Architekten eine der wichtigsten Stationen einer künstlerischen Karriere. Tatsächlich wurden die wenigsten der großen und erfolgreichen Künstler Roms in der Stadt geboren oder erfuhren dort ihre Ausbildung. Hier arbeiteten Lombarden wie Caravaggio, Bolognesen wie die Carracci und ihre Schüler Guido Reni und Domenichino, aber auch Nordeuropäer wie die Flamen Peter Paul Rubens und François Duquesnoy, der Franzose Nicolas Poussin, der Deutsche Adam Elsheimer und ganze Künstlergruppen wie die niederländischen "Bentveughels" bzw. "Bamboccianti". Sie alle verlebten prägende Jahre in Rom und ließen sich dort zum Teil auch dauerhaft nieder. Rom war und blieb für sie der privilegierte Ort der Beschäftigung mit der Antike. Daneben aber wurde die Auseinandersetzung mit dem Œuvre ihrer Kollegen und Konkurrenten sowie den als normativ verstandenen Werken der Hochrenaissance – insbesondere Raffaels, aber auch Michelangelos – immer wichtiger. Deren Werke konnten – und mussten – zunächst natürlich in Rom studiert werden.
Für die Künstler konnte Rom zu einem Ort ungeahnten Aufstiegs, aber auch künstlerischen und ökonomischen Scheiterns werden. Exzeptionelle Formen der Patronage führten zur Vergabe spektakulärer Aufträge, die den Künstlern die volle Entfaltung ihres Könnens ermöglichten. Zugleich aber wurde die künstlerische Tätigkeit durch ein ausgeprägtes Protektions- und Klientelwesen, national wie lokal geprägte Interessen und Netzwerke determiniert, die die jeweiligen Lebens- und Arbeitsbedingungen bestimmten und die Karrieren maßgeblich beeinflussten. Zunehmend wurde die künstlerische Produktion auch durch einen internationalen Markt geprägt, so dass neben die Auftraggeber und Sammler auch Vermittler, Berater, Antiquare, Agenten und Händler traten, deren Vorlieben die jeweilige fortune eines Künstlers entscheidend mitbestimmen konnten. Häufig konnten die Künstler aber selbst verschiedene dieser neuen Funktionen übernehmen, indem sie sich etwa als Agenten betätigten, wie beispielsweise Peter Paul Rubens, der Werke Caravaggios an den Mantuaner Hof der Gonzaga vermittelte. Zu den großen Mäzenen wie den Borghese, Ludovisi, Giustiniani oder den Mattei traten zunehmend auch kleinere Sammler, die in der Forschung bisher weniger gewürdigt wurden, deren Stilpräferenzen für ein Verständnis der Kunst um 1600 aber aufschlussreich sind.
Die einzelnen, in der Datenbank zusammengeführten Fragestellungen nach Stilbildung und Vorbilderrezeption, Auftraggebermotivation und Kunstmarkt, sozialer und politischer Netzwerkbildung in Künstler- und Bestellerkreisen erfordern jede für sich Datenmengen, die mit herkömmlichen Forschungsmedien nicht mehr in größeren Zusammenhängen erfasst werden können. Die Folge war und ist, daß sich diese Forschungsansätze auseinanderentwickelt haben und teils Nachbardisziplinen angehören, die gelegentlich sogar am selben Objekt forschen und publizieren, ohne einander zu rezipieren. Dabei bleiben Widersprüche und Lücken, die bereits die Arbeit an der Datenbank mehr als verdeutlicht: Es handelt sich um eine Forschungsdatenbank insofern, als sie nicht nur Fragen zu beantworten hilft, sondern auch Desiderate formuliert.
Technische, systematische und inhaltliche Aspekte
Der Datenbestand von ArsRoma ist jetzt mit den Lineamenta-Daten und weiteren Stammdaten in der Datenbankplattform ZUCCARO vereinigt und bildet den Grundstock zu einem Informationssystem zur italienischen Kunstgeschichte. Das standardisierte Datenmodellierungsverfahren vereinfacht die Konfiguration und Anpassung der Basismodule an die Bedürfnisse anderer, ähnlich gelagerter geisteswissenschaftlicher Projekte. Das flexible und in hohem Maße verallgemeinerbare Datenbankkonzept ermöglicht es, sehr komplexe Abfragen an das Datenmaterial heranzutragen. Dies ist eine für Kunsthistoriker, Kulturwissenschaftler, Historiker und andere Geisteswissenschaftler notwendige, aber in bisherigen Systemen oft nicht gegebene Voraussetzung zur produktiven Nutzung von Datenbanken.
Ein differenziertes und durch den jeweils bearbeitenden Wissenschaftler individuell bestimmtes System der Verlinkung erfasst die erforschten kunst- und kulturhistorischen Zusammenhänge objektbezogen, d. h. nicht allein tabellarisch-relational. So entsteht eine für den Spezialisten relevante Forschungsdatenbank, die kontinuierlich fortgeschrieben und ergänzt werden kann, aber von Anfang an bereits ein vollwertiges Arbeitsinstrument darstellte. Eine mehrsprachige Benutzerführung wird angestrebt, um die weitere Kooperation mit internationalen Projekten zu erleichtern.
Ein wichtiges Forschungsanliegen bildet in diesem Zusammenhang die Identifizierung antiker Bildwerke mit Hilfe druckgraphischer Reproduktionen und anhand einer weitestmöglichen Rekonstruktion der Sammlungsgeschichte, die jeweils durch einen ausführlichen Kommentar zum Objekt ergänzt wird. In diesem Zusammenhang werden beispielsweise die großen Reliefstichwerke des 17. Jahrhunderts von François Perrier sowie von Pietro Santi Bartoli in ArsRoma erfasst. Die Gegenüberstellung der Nachstiche mit den abgebildeten Skulpturen und Reliefs erlaubt zudem die Verknüpfung mit deren Standorten und weiterführend auch mit Informationen aus Datenbanken wie z.B. Lineamenta oder den Internetressourcen anderer Kooperationspartner.
Im Kontext der Datenbankplattform ZUCCARO steht außerdem eine Vielzahl von römischen Plänen und Veduten zur Verfügung, die buchstäblich ein Panorama der urbanistischen Entwicklung Roms darbieten.
Archivio diagnostico digitale – Corpus Caravaggesco
Innerhalb des Instituts über die Datenbank ArsRoma zugänglich.